Bevor ich Hase kennenlernte, habe
ich Kuchen weitestgehend verweigert. Auch heute würde ich mich keineswegs in
der Lage sehen, eigenständig einen Käsekuchen (inzwischen meine Leidenschaft)
anzufertigen. Meine Backerfolge beschränken sich auf Mürbeteig – Tarte Tatin und
Quiche. Hase, meine Frau hingegen entwickelt beim Backen wahre Leidenschaft, außer
bei Mürbeteig, weil der zu fettig ist.
Für das Wochenende hatten sich
meine Schwiegereltern angekündigt, die passende Gelegenheit zu backen, befand der
Hase. Eine Herausforderung stellte das Zeitmanagement. Freitagmittag sollten
meine Schwiegereltern erscheinen. Ich würde mit Ihnen bis zum Nachmittag
alleine sein, inklusive dem Kaffeetrinken. Da Donnerstag die Wohnung
gereinigt werden sollte, blieb lediglich Mittwochabend zum backen. Ich hatte
bezüglich der Planung andere Vorstellungen: Hase würde früher Feierabend machen und dann innerhalb von 20 Minuten köstliche, luftige Baisers zaubern, die wir dann
gemeinsam mit Schlagsahne und Johannisbeerkompott genießen könnten. Wie gesagt
habe ich keinerlei Ahnung vom backen, aber Appetit auf Baisers mit Schlagsahne
und Johannisbeerkompott. Diese Tatsache spielte aber verständlicherweise keine
Rolle in Hases Backplan, wenn man bedenkt, dass diese Dinger stundenlang im
Backofen bei niedriger Temperatur vor sich hintrocknen müssen. Mittwoch wird
gebacken, basta! Dementsprechend bestand jetzt die Suche nach einem Backwerk,
dass auch nach 3 Tage noch frisch genug schmeckt. Käsekuchen fiel somit ebenfalls
raus. Bis Dienstag fanden wir keine Lösung. Dienstagabend sollten die Zutaten
gekauft werden, bis dahin würde sie fündig sein. Vor dem Supermarkt telefonieren
wir und sie teilt mir mit, was ich meinen Schwiegereltern Freitag zum Kaffee
servieren darf: Quarkstollen. Mir fiel um ehrlich zu sein der Hörer aus der Hand.
Es war Mitte Juli, irgendwas um die 30 Grad Celsius und Hase plant
Weihnachtsgebäck. Logisch ist es ja, Weihnachtsgebäck wird ab Anfang November
gebacken und schmeckt dann manchmal sogar bis Karneval. Sie wird kleinlaut,
nachdem ich sie auf diesen Umstand hinweise. Mich beschleicht auch schlechtes
Gewissen. 5 Minuten später telefonieren wir wieder. Hase hat sich
umentschieden. Ich presche dreist vor: Pfeffernüsse oder Printen? Ich halte
ihren Baumkuchen für die passende rhetorische Retourkutsche für mein vorlautes
Mundwerk, die sich jedoch 2 Stunden als Realität herausstellt. Auch das Telefonat
mit meiner Schwiegermutter über mögliche Deeskalationsmaßnahmen blieb fruchtlos. Hase
backt mittwochabends bei über 20 Grad Celsius in einer zweistündigen Prozedur
Baumkuchen, mit Marzipan und Aprikosenkonfitüre. Nachdem der Schokoladenguss
erkaltet war schaue ich ihr in die strahlenden Augen und meine: Muffins halten sich doch auch
in der Gebäckdose und brauchen doch nur eine halbe Stunde, oder? - kälter kann ein Blick nicht sein.
Freitag essen wir zu dritt Baumkuchen zum Kaffee, der
äußerst köstlich ist und mich in eine angenehme vorweihnachtliche Stimmung
versetzt, die normalerweise beim ersten Last Xmas im Kaufhof Mitte
September kommt.
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