Charlottenburg „ertrinken, versinken, unbewusst
– höchste Lust!“ – wer dabei keine feuchten Augen bekommt, ist kein Mensch mehr.
Wagners „Tristan und Isolde“ thematisiert hochstilisiert die Abgründe
menschlicher Leidenschaft.
Tristan ist ein treuer Ritter unter Cornwall-König
Marke. Im Krieg gegen Irland tötet er den Verlobten der irischen Königstochter
Isolde. Diese wird jedoch beim Friedensschluss zwischen Irland und Cornwall zum
Friedenspfand. Ausgerechnet Tristan soll sie als Braut für König Marke nach Cornwall
überführen. Isolde will Rache nehmen. Anstelle des tödlichen Giftes, mit dem sie
Tristan und sich umbringen möchte, erhält sie einen Liebestrank. Das Schicksal
nimmt seinen herrlich tragischen Lauf…
(Quelle:youtube)
Samstag führte die Deutsche Oper
in Charlottenburg zum letzten Mal in dieser Saison den Tristan auf. Es sei
vorweg genommen, der Applaus, die stehenden Ovationen und Bravorufe rissen
nicht ab. Das Haus war ausverkauft – zu Recht. Graham Vicks Inszenierung
ordnete sich angenehmerweise der Musik unter, ohne dabei beliebig zu sein. Die
Bühnendekoration und –Ausstattung erinnerte an die Bilder von Edward Hopper,
wenn man von dem Sarg absieht, der allgegenwärtige Tod. Zusätzlich wurde das
Bild belebt durch eine Reihe von Statisten, die in etlichen Rollen, wie die Schwangere,
der Junkie, die Witwe oder der Arbeiter, Teilaspekte der Rollen von Tristan und
Isolde darstellten. Natürlich gab es die obligatorischen Nackten, die sehr
schön anzuschauen waren. Das Sterben als „Heimgang“ durch die Glastür in den
Hintergrund der Bühne war eine gänsehauterzeugende Interpretation.
Bemerkenswert und analytisch hochinteressant war die Transformation des
vermeintlichen Todestranks zum „Goldenen Schuss“, den sich beide setzen. Die
Liebe ist eine Droge, die wahrlich heftiger ist als gepanschter Wein, sehr,
sehr spannend.
Das wichtigste- natürlich – die Musik.
Gerade die Musik zu Tristan und Isolde geht in
seiner Einzigartig- und Kompromisslosigkeit direkt ins Herz und eine
Etage tiefer. Das Orchester erntete bereits vor den Akten jubelnde Anerkennung
des Publikums. Violeta Urmana war eine wundervolle Isolde. Hass und Liebe,
Verzweiflung und Euphorie transportierte sie durch ihren Gesang und traf das
Publikum voll. Nur im Duett mit Jane Irwin als Dienerin Brangäne, war diese
noch eine Spur brillanter und lebendiger. Stephen Gould als Tristan war
ebenfalls sehr gut, zweimal allerdings ging sein Gesang in der Orchestermusik
unter. Sehr amüsant war die Situation, wie er gen Ende im schrecklich-schönen wagnerischen
Textgeschwurbel die Adjektive durcheinander haute. Sei’s drum. Gerade im letzten Akt brachte er
Tristans Schmerz und Wahnsinn in der Dramatik seiner Stimme unglaublich intensiv rüber. Ein Kompliment für
Jörg Schörner als Kurwenal und Peter Rose als König Marke, die ihre
Nebenrollen, die eine sehr komplexe Emotionalität aufweisen, bestens
präsentierten.
Zu guter Letzt: Gemeckert werden
muss ja immer. Das Härchen in der Suppe konnte in der „Liebesnacht“ gefunden
werden. Hier lahmte die Dramaturgie. Die Leidenschaft zwischen Beiden hatte den
pappsatten Sexappeal einer in die Jahre gekommenen Beziehung. So lümmelten sie
sich hervorragend singend auf dem Sofa, wie nach dem gemeinsamen Vertilgen
einer Familiensalamipizza. Da war die Andeutung der Leidenschaft direkt nach
dem Liebesdrogentrip anderen Kalibers.
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