Freitag, 5. Juni 2015

The crisis inside – Schmerz aus aller Welt in einem Buch



Mitte.JS  Die Beschreibung des eigenen Todes, zerstörte Träume, Psychogramm hinein ins eigene Elend, die Ohnmacht vor einer aus den Fugen geratenen Welt – vielleicht ist „The crisis inside“ eine Bilanz der Generation Y. Freitagabend präsentierte The International Short Story Project in einer Lesung ihre Anthologie aus der Edition Hamouda in den überhitzten Räumen der Elisabeth Schwarzkopf Stiftung vor einem fast intimen Kreis von 40 Leuten. 

„Zwar ist die Kurzgeschichte keine neue literarische Gattung, aber dieses Projekt beschreitet mit der Zusammenarbeit von Autoren aus 18 Ländern in 14 Sprachen via Email, Skype und Facebook neue Wege.“, beschreibt Herausgeber Julian Tangermann in seiner Begrüßung. Lektoren und Autoren lasen aus sechs der insgesamt 18 Geschichten.
„Meine Geschichte“ von Mohammed Al Bdewi holte direkt zu Beginn zum großen emotionalen Paukenschlag. Die minutiöse Beschreibung seines knapp entronnenen Todes zu Beginn der syrischen Revolution in der Stadt Daraa schnürte einem die Kehle zu. Seine hyperrealistischen Beschreibungen ließ die Gewehrsalven hören und man hatte beinahe den Geschmack von Staub und Blut am Gaumen.

Fast federleicht dazu wirkten die lyrischen Gedanken von Nadiia Telenchuk in „Das Blatt deines Lebens“. Tagebucheintragungen gleich fing sie die Träume eines Mädchens, der späteren Studentin und final der jungen Frau ein, dabei fiel auf, wie sich im Reifeverlauf  in den Zeilen der Träumereien immer mehr die Realitätsängste hineinweben. Aber auch ihre Träume sind durch den Ostukrainekonflikt seit Februar 2014 zerstört.

Die Welt ist ein Dorf geworden, wie alleine das Projekt mit seinen Geschichten aus 18 Ländern demonstriert. Georg Wolf führt sardonisch in seiner „Konversion“ vor, dass trotz aller Verständigung und globaler Konformität, die Reste kultureller Identität manchmal gegeneinander prallen. Auch wenn seine Beschreibungen der kulturellen Diskrepanzen sehr humorvoll waren, die Geschichte war verdammt traurig.

Cirujano muss ein Kompliment für die mitreißende Leidenschaft in seinem „Schuldeingeständnis“ gemacht werden, die den Zuhörer langsam begreifen lässt, wie aus einem Liebenden ein Terrorist werden kann.

Die vorgetragenen Kurzgeschichten, noch von Kurt Hackbarth und Sophie Béasse machen  große Lust auf das restliche Buch. Auch wenn das Thema „The Crisis inside“ von Vornerein Happyends auszuschließen vermag, belegen diese Autoren der Generation Y in ihren mannigfaltigen Konfliktreflexionen eine auffällige Gemeinsamkeit im Schmerz, der aufhorchen lässt und zugleich Respekt für die kreativen Offenbarungen einfordert.

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